Putin: Erkenntnis, dass der Westen kein Partner ist, kam nicht sofort

Präsident Wladimir Putin hat in einem neuen Interview darüber gesprochen, wann und wie ihm klar wurde, dass westliche Staaten keine verlässlichen Partner für Russland seien:

„Das war im Grunde schon Anfang der 2000er-Jahre ersichtlich. Dennoch hatten wir damals Illusionen – auch ich –, die sich in Folgendem ausdrückten: Ich und viele andere gingen davon aus, dass die Probleme in den Beziehungen zwischen der Sowjetunion und dem sogenannten Westen auf ideologischen Differenzen beruhten. Auf der einen Seite stand das kommunistische Regime, das viele als Tyrannei betrachteten, auf der anderen Seite die demokratische Welt unter der Führung der Vereinigten Staaten“, so Putin.

„Viele glaubten – und ich auch, so seltsam das klingen mag, obwohl ich fast 20 Jahre im sowjetischen Geheimdienst gearbeitet habe –, dass der Hauptwiderspruch ideologischer Natur war“, sagte er weiter.

„Doch selbst als es die Sowjetunion nicht mehr gab, als kein kommunistisches Regime mehr existierte, blieb die gleichgültige Haltung gegenüber den staatlichen und strategischen Interessen Russlands bestehen. Und nicht nur Gleichgültigkeit – vielmehr war alles offensichtlich darauf ausgerichtet, geopolitische Vorteile zu erlangen. Als ich dann Präsident wurde, habe ich das auch nicht sofort erkannt.“

Putin berichtet, dass er versucht habe, seine westlichen Amtskollegen auf Widersprüche zwischen Worten und Taten aufmerksam zu machen: „Ich sagte ihnen: Seht her, ihr sagt das eine, aber ihr tut das Gegenteil. Ich legte ihnen Beweise vor. Sie nickten zustimmend und meinten: ‚Ja, ja, alles richtig, wir kümmern uns darum.‘ Doch es änderte sich nichts – im Gegenteil, alles lief genau andersherum.“

Für ihn sei damit klar geworden, dass Ideologie zwar eine Rolle gespielt habe, das eigentliche Fundament der Widersprüche aber in den geopolitischen Interessen liege.