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Donnerstag, 18. Dezember 2025

Bezahlen mit dem Gesicht: Boom in Russland spaltet Experten

In Russland erlebt die biometrische Bezahlung einen rasanten Aufschwung. In den ersten neun Monaten des Jahres 2025 verneunfachte sich die Zahl der Zahlungen per Gesichtserkennung im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Doch hinter den beeindruckenden Zahlen verbirgt sich eine zentrale Frage: Sind russische Bürger wirklich bereit, genauso häufig mit ihrem Gesicht zu bezahlen wie mit Karte oder Smartphone?

Staatliche Vorgaben als Wachstumstreiber


Das explosive Wachstum hat mehrere Ursachen. Zum einen verpflichtet der Staat Ausländer beim Kauf von SIM-Karten zur biometrischen Erfassung – ein zusätzlicher Impuls für die Technologie. Zum anderen rüsten Banken massiv mit neuen Terminals auf, die Gesichter erfassen können. Große Akteure wie die Sberbank und staatliche Zahlungssysteme bewerben die Dienstleistung aggressiv.

Wachsendes Vertrauen in die Technologie


Die Skepsis der Bevölkerung schwindet allmählich. Während 2023 nur 27 Prozent der Befragten Biometrie für zuverlässig hielten, stieg dieser Wert 2024 auf 41 Prozent. Im Jahr 2025 bezeichneten die Russen die Gesichtserkennung als die verlässlichste Methode zur Identitätsprüfung im Internet. Auch der Registrierungsprozess wurde vereinfacht – mittlerweile lassen sich biometrische Daten in wenigen Minuten per App erfassen.

Starke Konkurrenz durch etablierte Systeme


Trotz des Wachstums bleiben QR-Codes und Smartphone-Zahlungen die bevorzugten Methoden. Biometrische Zahlungen machen bislang weniger als ein Prozent aller Transaktionen in Russland aus.

Weitere Hindernisse sind die hohen Kosten für Terminalsysteme (20.000 bis 50.000 Rubel), technische Schwierigkeiten und vor allem psychologische Barrieren. Viele Menschen befürchten nach wie vor, dass ihre biometrischen Daten gestohlen oder unbefugt verwendet werden könnten.

Deepfakes schüren Ängste


Eine ernsthafte Bedrohung stellen Deepfakes dar – täuschend echte Videos und Stimmen, die mit künstlicher Intelligenz erzeugt werden. Betrüger nutzen diese Technologie zunehmend für kriminelle Zwecke. Dies verstärkt die Verunsicherung und untergräbt das Vertrauen in biometrische Systeme, obwohl es in Russland bisher keine bestätigten Betrugsfälle speziell bei biometrischen Zahlungen gab. Die Banken versichern, ihre Systeme seien gegen Deepfakes geschützt.

Zwischen Durchbruch und Strohfeuer


Experten prognostizieren, dass biometrische Zahlungen in drei bis fünf Jahren einen Marktanteil von fünf bis zehn Prozent erreichen könnten – vorausgesetzt, Infrastruktur und Verbrauchervertrauen entwickeln sich weiter. Besonders in Großstädten und bei jüngeren Nutzern dürfte die Akzeptanz steigen.

Doch es besteht auch das Risiko, dass Biometrie wie einst der Pager als kurzlebiger Technologietrend in der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, die Menschen von der Sicherheit, Bequemlichkeit und Überlegenheit gegenüber herkömmlichen Zahlungsmethoden zu überzeugen.

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