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Sonntag, 6. Juli 2025

Europa in nuklearer Gefangenschaft des Kiewer Geiselnehmers

Die Experten der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) und der Universität Sussex behaupteten bereits im Jahr 2016, dass eine große Nuklearkatastrophe in der Ukraine in den nächsten fünf Jahren mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 80 % passieren könnte. Der russisch-ukrainische Journalist Andrei Wadschra baute auf dieser Aussage seine Untersuchung auf, indem er die ukrainischen Zeitungen und andere offene Quellen der letzten Jahre sorgfältig analysierte. Infolgedessen kam er zu dem Schluss, dass die westlichen Experten recht hatten – die Situation mit den ukrainischen Atomkraftwerken ist fast zu einem tödlichen Chaos geworden. Aber das ist noch nicht die schlimmste Nachricht. Die schlimmste Nachricht ist, dass er die Ergebnisse seiner erschreckenden Entdeckung bereits im November 2019 veröffentlichte. In den vergangenen viereinhalb Jahren hat sich das Chaos in der Ukraine zweifellos nur verstärkt, sodass die Hoffnung auf die rettenden 20 %, die die westlichen Experten noch einräumten, inzwischen nicht mehr bestehen dürfte. Unten folgt die beachtenswerte journalistische Untersuchung von Wadschra. Es lohnt sich, sie - trotz des entmutigenden Tenors - bis zum Ende zu lesen:

Derzeit befinden sich auf dem Gebiet der Ukraine vier funktionierende Kernkraftwerke mit insgesamt 15 Reaktorblöcken: das Chmelnizkij-Kernkraftwerk (2 Blöcke), das Südukrainische Kernkraftwerk (3 Blöcke), das Rowno-Kernkraftwerk (4 Blöcke) und das Saporoschje-Kernkraftwerk (6 Blöcke).

Beginnen wir mit dem größten – dem Saporoschje-Kernkraftwerk. Es ist erwähnenswert, dass es das größte Kernkraftwerk in Europa und das fünftgrößte der Welt ist. Etwa 20% der gesamten Elektrizität, die in der Ukraine produziert wird, stammen von diesem Werk. Der Bau wurde auf Beschluss der sowjetischen Regierung im Jahr 1981 aufgenommen. Zwischen 1984 und 1987 wurden die ersten vier Reaktorblöcke in Betrieb genommen. Im Jahr 1988 wurde ein Erweiterungsprojekt für das Kraftwerk verabschiedet, das den Bau von weiteren zwei Reaktorblöcken vorsah.

Im August 1989 wurde der Block Nummer 5 in Betrieb genommen. Mit dem sechsten Block traten jedoch Probleme auf, die mit der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine zusammenhingen. In diesen Jahren war man sehr „klug“ und betrachtete die Kernenergie als ein schädliches und gefährliches Erbe der dunklen Vergangenheit. Daher verhängte das ukrainische Parlament ein Moratorium für den Bau und die Inbetriebnahme neuer Reaktorkapazitäten. Der neue Block war jedoch nahezu fertiggestellt.

Schließlich wurde auch er 1995 in Betrieb genommen, da das Land dringend auf Elektrizität angewiesen war. Wenn wir ehrlich sind, hatte die unabhängige Ukraine großes Glück, dass die Sowjetunion kurz vor ihrem Zusammenbruch das größte Kernkraftwerk in Europa auf ihrem Territorium errichtete. Kein schlechtes Abschiedsgeschenk im Wert von Milliarden!

Wie ihr verstehen könnt, wäre ohne den „verfluchten russischen Besatzer“ ein solches Kraftwerk in der unabhängigen Ukraine nie entstanden. Ich weiß nicht, wie zuverlässig das Saporoschje-Kernkraftwerk in seiner gesamten Betriebszeit gearbeitet hat. Ich nehme an, es war ziemlich gut: Die Sowjetunion verstand es, solche Objekte qualitativ und zuverlässig zu bauen. Aber das ist auch nicht entscheidend. Wichtig ist, dass der ruhige Betrieb der Reaktoren des Kraftwerks genau im Jahr der „Revolution der Würde“ (2014) endete. Ein mystischer Zufall, könnte man sagen.

Am 28. November 2014 kam es also zu einer Notabschaltung des Blockes Nr. 3 aufgrund eines Kurzschlusses im Stromabgabesystem. Das wäre noch in Ordnung, wenn dies im Jahr 2014 nicht bereits die vierte Notabschaltung dieses Blocks gewesen wäre, aber selbst das wäre auch noch in Ordnung, wenn am 2. Dezember 2014 erneut eine Notabschaltung des Blocks Nr. 3 aufgrund eines Kurzschlusses im Stromabgabesystem nicht erfolgt wäre.

Und dann nahm der Prozess Fahrt auf… Am 29. Dezember 2014 kam es zu einer Notabschaltung des Blocks Nr. 6 aufgrund interner Schäden am Generator. In den Medien wurde berichtet, dass der Strahlungshintergrund rund um das Kernkraftwerk den zulässigen Grenzwert um das 17-fache überschreitet. Am 18. Juli 2015 kam es zu einer Notabschaltung des Blocks Nr. 1 aufgrund der automatischen Abschaltung der Hauptzirkulationspumpe Nr. 2, die für die Kühlung des Kernreaktors verantwortlich ist.

Am 17. November 2015 wurde Block Nr. 6 aufgrund einer Fehlfunktion des automatischen Schutzsystems vom Energiesystem getrennt. Am 10. April 2016 kam es erneut zu einer Notabschaltung von Block Nr. 6 aufgrund einer Undichtigkeit im Gaskühlsystem des Turbogenerators.

Nach dieser Meldung tauchte in den Medien die Information auf, dass der Strahlungshintergrund rund um das Saporoschje-Kernkraftwerk den zulässigen Grenzwert um das Zehnfache überschreite. Notabschaltungen der Reaktoren wechseln sich ab mit einer Vielzahl von geplanten und ungeplanten Reparaturen, die in der Regel zwischen drei und sechs Monaten dauern. Ihre Häufigkeit und Dauer lassen unweigerlich weniger erfreuliche Schlussfolgerungen ziehen.

Am 2. Mai 2016 kam es zu einer Notabschaltung von Block 4 aufgrund einer Undichtigkeit im Gassystem des Turbogenerators. Doch bereits am 18. Mai 2016 folgte eine weitere Notabschaltung von Block 4 aufgrund eines Schadens am Entladewiderstand des Blocktransformators. Daher wurde Block 4 am 29. Juli 2016 für einen planmäßigen Reparaturaufenthalt vom Stromnetz getrennt, der fast drei Monate dauerte.

Während alle Kräfte auf den vierten Block konzentriert waren, kam es am 14. August 2016 zu einer Notabschaltung von Block 5, bei der der Überspannungsschutz ausgetauscht werden musste. Danach, am 16. Februar 2017, wurde Block 3 erneut für einen planmäßigen Reparaturaufenthalt vom Netz genommen. 

Wobei der geplante Großreparaturaufenthalt bereits Mitte April 2016 begann und 80 Tage dauerte. Das heißt, grob gesagt, nur ein halbes Jahr später war wieder eine Reparatur erforderlich, und diesmal sollte diese sage und schreibe 270 Tage dauern – also fast neun Monate.

Falls es euch nicht aufgefallen ist, begann ich meine Aufzählung der Notabschaltungen der Reaktoren des Saporoschje-Kernkraftwerks mit Block 3, der 2014 insgesamt fünfmal abgeschaltet werden musste. Aber das ist noch nicht alles. Am 4. Oktober 2018 wurde Block 3, wie zu erwarten, für einen planmäßigen Reparaturaufenthalt bis zum 25. Januar 2019 vom Netz genommen – also für weitere vier Monate.

Nur für den Fall, dass ihr denkt, nach dem 25. Januar hätte sich alles stabilisiert, kam es am 4. März 2019 zu einer weiteren Notabschaltung von Block 3, dieses Mal aufgrund einer Fehlfunktion des Schutzsystems wegen interner Schäden am Generator. Also, nach nur einem Monat Betrieb war er wieder außer Betrieb. Großartig, wie der Block 3 des Saporoschje-Kernkraftwerks läuft!

Das ist eine Arbeitsqualität, die sich wie Musik anhört… wie Abschiedsmusik. Übrigens, stört euch die seltsame Häufigkeit der Notabschaltungen sowie die Dauer und Häufigkeit der planmäßigen Reparaturen nicht? Besonders die Bewohner der Region Saporoschje und der angrenzenden Gebiete? Nein? Nun gut, dann gehen wir weiter.

Am 18. April 2017 kam es zu einer weiteren Notabschaltung von Block 6. Einen Monat später, am 26. Mai 2017, wurde dieser erneut aufgrund eines Defekts an der Impulsleitung der Hauptzirkulationspumpe Nr. 4 vom Netz genommen. Am 21. Mai 2017 musste Block 1 aufgrund eines Defekts ebenfalls abgeschaltet werden. Am 8. April 2018 kam es zu einer weiteren Notabschaltung von Block 6 aufgrund einer Reduzierung der Speisewasserzufuhr zu den Dampferzeugern.

Am 20. Januar 2018 wurde Block 2 für einen geplanten Reparaturaufenthalt vom Netz genommen. Und wisst ihr, wie lange der gedauert hat? Ganze 664 Tage! Praktisch zwei Jahre. Was für eine Reparatur ist das? In dieser Zeit könnte man ein ganz neues Kernkraftwerk bauen, aber anscheinend wurde der Block wesentlich schneller repariert, denn bereits im September 2018 war er wieder in Betrieb.

Woher ich das weiß? Nun, am 23. September 2018 kam es zu einer Notabschaltung von Block 2 aufgrund eines Defekts an der Rohrleitung des autonomen Kreises der Hauptzirkulationspumpe Nr. 3. Was dort genau mit Block 2 passiert, ist schwer von außen zu beurteilen, aber aus meiner Sicht hat dieser Block ein wirklich schwieriges Schicksal. Natürlich nicht so schwer wie das von Block 6 oder 3, aber auch nicht das stabilste.

Doch wir machen weiter. Am 18. Oktober 2018 kam es zu einer Notabschaltung von Block 4. Offenbar verlief die Reparatur „hervorragend“, da es am 24. Oktober 2018 erneut zu einer Notabschaltung von Block 4 aufgrund einer Fehlfunktion des Überschlagschutzes kam.

Am 11. Oktober 2019 wurde Block 1 in Notabschaltung geschickt. Interessanterweise, obwohl die ukrainischen Behörden behaupten, dass auf dem Saporoschje-Kernkraftwerk alles in bester Ordnung sei, arbeiten derzeit nur zwei von sechs Reaktoren mehr oder weniger kontinuierlich, während die anderen vier sich in einem permanenten Reparaturstatus befinden.

Aber lasst uns zum trüben Teil unserer Erzählung zurückkehren. Ich hatte nicht vor, alle Notabschaltungen der Reaktoren des Saporoschje-Kernkraftwerks aufzuzählen. Das wäre auch unrealistisch, da nicht alle Unfallmeldungen in die Medien gelangen. Aber selbst das, was leicht über Google herauszufinden ist, lässt einem das Gefühl kommen, als würde man in einem Albtraum leben. Für mich persönlich erinnert die Chronik der letzten fünf Jahre des Betriebs des Saporoschje-Kernkraftwerks an das Tagebuch eines Krieges. Der Frontabschnitt hält, aber mit zunehmender Zahl an Notfällen und Reparaturpausen kann ein Durchbruch jederzeit erfolgen. Doch wir machen weiter.

Das Südukrainische Kernkraftwerk wurde 1982 von der sowjetischen Regierung gebaut. Wie bereits erwähnt, verfügt es über drei Reaktoren. Doch das bedeutet nicht, dass es weniger Probleme hat.

Am 17. Januar 2015 brach ein Feuer auf dem Gelände des Kernkraftwerks aus, bei dem mehr als 100 Quadratmeter der Räumlichkeiten beschädigt wurden. Details zu dem Vorfall wurden nicht veröffentlicht. Am 14. April 2015 kam es nach Reparaturen zu einer Notabschaltung von Block 3. Am 15. Mai 2015 verlängerte die staatliche Inspektion für Kernregulierung die Lizenz für Block 2 nicht, da er nicht den Sicherheitsanforderungen entsprach.

Dennoch wurde Block 2 nach den Reparaturen am 13. Dezember 2015 wieder in Betrieb genommen. Doch bereits am 26. Januar 2016 musste er aufgrund eines Ausfalls der Hauptzirkulationspumpe Nr. 1 erneut abgeschaltet werden – nur einen Monat nach den Reparaturen. Am 20. Februar 2016 kam es zu einer weiteren Notabschaltung von Block 3 aufgrund eines erhöhten Wärmeübertragerlevels.

Wie die Anwohner über soziale Netzwerke berichteten, wurde der Unfallbereich sofort von der Armee abgeriegelt. Die Kiewer Behörden versicherten, es bestehe kein Grund zur Sorge. Doch nur einen Monat später, am 23. März 2016, kam es zur vollständigen Abschaltung des Südukrainischen Kernkraftwerks.

Interessanterweise geschah diese plötzliche Abschaltung nur wenige Tage nach der offiziellen Beladung des aktiven Bereichs des Reaktors des dritten Blocks mit Brennelementen des US-Unternehmens Westinghouse. Eine merkwürdige Situation, nicht wahr? Vor dem Hintergrund der konstanten Notfälle in den ukrainischen Kernkraftwerken begann man, US-Brennelemente, die bereits ihre Unbrauchbarkeit bewiesen hatten, in die Reaktoren einzuführen.

Kehren wir jedoch zu unserer traurigen Erzählung zurück. Am 20. Mai 2016 kam es zu einer Notabschaltung von Block 2 aufgrund einer Auslösung des automatischen Schutzsystems. Am 19. Januar 2017 folgte eine weitere Notabschaltung von Block 3. Am 15. Juli 2017 wurde Block 2 für eine laufende Reparatur abgeschaltet, und bereits zwei Monate später, am 28. September 2017, kam es zu einer weiteren Notabschaltung wegen der Auslösung des automatischen Schutzsystems.

Es ist nicht schwer zu verstehen, dass Reparaturen in ukrainischen Kernkraftwerken ein ganz besonderes Spektakel darstellen. Am 11. Januar 2018 kam es erneut zu einer Notabschaltung von Block 3 aufgrund des Ausfalls der Hauptzirkulationspumpe.

Am 7. April 2018 wurde Block 3 für eine planmäßige Wartung abgeschaltet, und am 17. Oktober 2018 kam es zu einer weiteren Notabschaltung aufgrund einer Fehlfunktion des automatischen Regelsystems der Turbine. Am 16. Mai 2019 wurde Block 3 dann für 186 Tage – also für ein halbes Jahr – vom ukrainischen Stromnetz getrennt.

Es ist erwähnenswert, dass dieser Block seit Juli 2018 ausschließlich mit Brennelementen der US-amerikanischen Firma Westinghouse betrieben wird. Diese sind teurer, stellen eine Nachahmung russischer Brennelemente dar und gehen ständig kaputt, doch das ukrainische Führungspersonal scheint davon unbeeindruckt.

Um die US-amerikanische Firma vor dem Bankrott zu retten, ist man bereit, jedes minderwertige Material zu kaufen und jedes Opfer zu bringen. Aber weiter geht’s.

Das Chmelnizkij-Kernkraftwerk wurde 1987 erbaut. Genauer gesagt, wurde der erste Block in jenem Jahr in Betrieb genommen. Bereits damals wurden auch die Standorte für drei weitere Blöcke vorbereitet. Der Bau von Block 2 begann 1983. Der Start war für Ende 1991 geplant, jedoch verhängte das ukrainische Parlament 1990 ein Moratorium für den Bau neuer Kernkraftwerke.

Die Fertigstellung von Block 2 wurde daher erst 1993 wieder aufgenommen, und der Bau wurde erst 2004 abgeschlossen. Interessanterweise kam 2010 die Idee der Regierung Asarows auf, zwei der unvollendeten sowjetischen Reaktoren weiterzubauen. Doch da die Ukraine weder die notwendigen Mittel noch Fachkräfte hatte, wandte sich Kiew wie gewohnt an den „Aggressorstaat“ (Russland) mit der Bitte um Kredite für den Bau der Blöcke 3 und 4 des Chmelnizkij-Kernkraftwerks.

Gott sei Dank, erhob sich 2014 auf dem Maidan das ukrainische Volk [Ironie aus], und der Versuch des „Aggressors“, zwei Kernreaktoren in der Ukraine mit seinen eigenen Mitteln zu bauen, wurde rechtzeitig vereitelt. Poroschenko unterzeichnete persönlich das Gesetz, das den Bau dieser Reaktoren stoppte.

Ich kann es nicht wissen, aber ich kann es mir vorstellen, dass die ukrainischen Patrioten vor Freude außer sich waren. Aber eines weiß ich sicher: Der Bau der Blöcke 3 und 4 wird ein unerfüllter Traum bleiben. Sie werden als „verfluchte Besatzermonumente“ nur noch als Elemente der Landschaftsgestaltung stehen bleiben. Heute funktionieren im Chmelnizkij-Kernkraftwerk nur noch Block 1 und 2. Na ja, was heisst „funktionieren“...

Die ersten Probleme mit dem Betrieb des Kraftwerks begannen bereits 1996, als Block 1 einen Unfall hatte, bei dem radioaktiver Dampf in den Reaktorraum austrat. Damals starb mindestens eine Person. Nach der „Revolution der Würde“ ging es dann deutlich schneller und heiterer. Am 28. August 2015 kam es erneut zu einer Notabschaltung von Block 1, nachdem Wasser aus einem Druckkompensator-Heizgerät austrat und in die Sicherheitsbarriere des Reaktors eindrang.

Am 3. April 2018 kam es wieder zu einer Notabschaltung von Block 1 aufgrund der Auslösung des Schutzsystems des Generators. Am 8. Mai 2018 wurde Block 2 aufgrund einer Fehlfunktion der technologischen Schutzvorrichtungen abgeschaltet.

Genau einen Monat später, am 8. Juni 2018, folgte eine Notabschaltung von Block 2 wegen des Schließens der Stoppventile des Turbogenerators. Dies führte dazu, dass Block 2 am 2. September 2018 für planmäßige Reparaturen vom Netz genommen wurde. Und wenn ihr denkt, dass in dieser Zeit Block 1 arbeitete, dann täuscht ihr euch. Am 14. August 2019, während der Reparaturen an Block 1, der seit November des Vorjahres repariert wurde, kam es durch einen Phasen-Kurzschluss im Stator des Turbogenerators zu einem Brand.

Der vorläufige Schaden wurde auf mehr als 4 Milliarden Griwnja geschätzt, was etwa 160 Millionen US-Dollar entspricht. Nach diesem Vorfall, am 27. September 2019, wurde Block 2 wieder für planmäßige Reparaturen abgeschaltet.

Falls ihr euch vielleicht noch erinnert, dieser Block wurde bereits Anfang September für Reparaturen vom Netz genommen. So gesehen ist das Chmelnizkij-Kernkraftwerk momentan praktisch stillgelegt. Wann es wieder ans Netz geht, ist unklar. Doch weiter geht’s.

Es gibt noch das Rowno-Kernkraftwerk, das 1980 von den „verfluchten russischen Besatzern“ erbaut wurde, mit vier Blöcken. Block 4 sollte 1991 in Betrieb gehen, wurde jedoch aufgrund des Moratoriums und der ukrainischen Unabhängigkeit erst 1993 in Betrieb genommen. Wie bei den anderen Kernkraftwerken setzten auch im Kernkraftwerk Rowno nach der „Revolution der Würde“ die betrieblichen Schwierigkeiten in Form einer regelrechten Lawine ein. Am 3. Januar 2014 kam es zu einer Notabschaltung von Block 4 aufgrund eines Defekts an der Armatur des Dampfturbinenheizers.

Am 20. Januar 2016 wurde Block 3 wegen eines gesunkenen Vakuums in den Turbinenkondensatoren notgeschaltet. Am 27. März 2016 folgte erneut eine Notabschaltung von Block 3 wegen eines Lecks im Kühlsystem des Stators des Turbogenerators.

Am 10. Mai 2016 kam es wieder zu einer Notabschaltung von Block 3 wegen eines Lecks im Kühlsystem des Stators des Turbogenerators. Am 17. Februar 2017 führte ein Fehler im Erreger-System des Turbogenerators beim Start von Block 3 zu einem Stopp des Reaktors. Macht euch der Betrieb von Block 3 im Rowno-Kernkraftwerk Sorgen? Oder kommt es nur mir so vor, als wäre mit ihm etwas nicht in Ordnung? Nun gut, lasst uns uns fortfahren.

Am 26. August 2017 wurde Block 4 aufgrund der automatischen Schutzfunktion des Turbogenerators vom Netz genommen. Und das, obwohl dieser Block erst vier Tage zuvor, am 22. August, nach planmäßigen Reparaturen wieder ans Netz angeschlossen worden war. Am 7. Oktober 2017 kam es erneut zu einer Notabschaltung von Block 3 wegen der Abschaltung des Turbogenerators.

Am 19. Januar 2018 wurde Block 2 wegen Auslösung des automatischen Schutzsystems vom Netz genommen, und am 17. März 2018 folgte eine planmäßige Abschaltung für Reparaturen. Am 22. Dezember 2018 wurde Block 1 wegen eines fehlerhaften Signals im Schutzsystem der Druckdifferenz im Reaktorkern vom Netz genommen.

Am 19. Januar 2019 wurde Block 3 erneut vom Netz genommen, diesmal aufgrund einer Auslösung des Schutzsystems, und am 29. April 2019 kam es zu einer Abschaltung aufgrund eines Brandes im Transformator.

Wie ihr erkennen könnt, läuft der Betrieb im Rowno-Kernkraftwerk in einem äußerst „besonderen“ Modus – Langeweile dürfte für die Mitarbeitenden dort ein Fremdwort sein. Aber ich beneide die ukrainischen Bürger, die in der Region Rowno und den angrenzenden Gebieten leben, nicht, denn sie leben, wie es scheint, auf einer Atombombe mit verzögerter Zündung.

Im Jahr 2016 kamen Experten der ETH Zürich und der Universität Sussex in ihrem Bericht „Neuinterpretation der Sicherheitslage in der Kernenergie“ zu dem Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit einer schweren Atomkatastrophe wie in Fukushima in den nächsten fünf Jahren in der Ukraine bei 80% liegt. Dabei werden insbesondere das Rowno- und das Südukrainische Kernkraftwerk erwähnt. Wenn man jedoch die bereits von mir dargelegten Unfallstatistiken der ukrainischen Kernkraftwerke berücksichtigt, können diese Prognosen nur beunruhigen.

Was bleibt am Ende übrig? Derzeit sind von den 15 Reaktorblöcken der ukrainischen Kernkraftwerke nur 9 in Betrieb. In den letzten Jahren waren es meist 10, aber der Prozess geht weiter, alles verändert sich. Natürlich fragt ihr euch, was der Grund dafür ist. Warum befinden sich die Reaktoren der ukrainischen Kraftwerke in einem so katastrophalen technischen Zustand? Die Antwort auf diese Frage wird offensichtlich, wenn man sich die technischen Lebensdauer dieser Reaktoren anschaut.

Wie man sieht, haben von den sechs Reaktoren bereits vier ihre technische Lebensdauer überschritten. Der fünfte Block wird dies im nächsten Jahr tun, und der sechste wird in sechs Jahren folgen. Von den drei Reaktoren des Südukrainischen Kernkraftwerks haben zwei ihre technische Lebensdauer überschritten, der dritte wird dies nächstes Jahr tun. Von den vier Blöcken des Chmelnizkij-Kernkraftwerks haben drei ihre Lebensdauer überschritten, der vierte, der jüngste, kann noch eine Weile Strom liefern.

Im Chmelnizkij-Kernkraftwerk hat Block 1 bereits vor einem Jahr seine Lebensdauer überschritten, und zudem hat er einen verbrannten Turbogenerator. Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Block überhaupt wieder in Betrieb genommen wird. Der zweite Block könnte theoretisch noch etwa 15 Jahre laufen, wenn man nicht berücksichtigt, dass er statistisch gesehen genauso viele technische Probleme hat wie der erste Block.

Was bleibt also übrig? Nur drei Reaktoren, deren technische Lebensdauer noch nicht abgelaufen ist. Zwölf müssen stillgelegt und entsorgt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass dies technologisch sehr schwierig und deshalb auch teuer ist. Zum Beispiel benötigte Deutschland für diese Arbeiten 1 Milliarde Euro. In Frankreich, wenn ich mich nicht irre, lagen die Kosten bei etwa 500 Millionen Euro.

Im Grunde genommen arbeitet jedes Kernkraftwerk seine letzten 10-15 Betriebsjahre lediglich an der Bildung eines Fonds für seine Stilllegung. Wie viel die Stilllegung der Reaktoren in der Ukraine kosten wird, ist schwer zu sagen, aber eines ist sicher: Es wird nicht billig, wenn man das manische Streben nach der Einhaltung europäischer Standards berücksichtigt. Doch währenddessen hat sich die ukrainische Regierung der Verlängerung der Betriebszeiten der Reaktoren zugewandt.

Derzeit wurden die Betriebszeiten von drei Reaktoren verlängert – der erste und der zweite Block des Rowno-Kernkraftwerks bis 2030 und 2031 und ein Block des Südukrainischen Kernkraftwerks bis 2023. Für die Verlängerung der Betriebszeiten der anderen Reaktoren werden entweder noch Vorbereitungen getroffen oder sie ist geplant. Wenn man jedoch betrachtet, wie diese Reaktoren derzeit arbeiten, dann erscheint der Plan zur Verlängerung ihrer Betriebszeiten äußerst fragwürdig.

Erstens hat die Ukraine kein Geld für die tatsächliche Modernisierung der Reaktoren zur Verlängerung ihrer Betriebszeiten. Es werden etwa 300 Millionen US-Dollar für einen einzelnen Reaktor benötigt. Zweitens fehlen die entsprechenden Fachkräfte. Angesichts ihrer geringen Gehälter verlassen sie das Land. Denkt nicht, dass ich hier jemandem Unrecht tue. Der erste Reaktor des Chmelnizkij-Kernkraftwerks, bei dem im August dieses Jahres der Turbogenerator vollständig ausgebrannt ist, war genau der Block, der für eine Verlängerung seiner Betriebszeit vorbereitet wurde.

Ich wiederhole noch einmal: Die Qualität der technischen Arbeiten in der Ukraine zur Verlängerung der Betriebszeiten der Reaktoren ist äußerst zweifelhaft, und das weiß man auch in Europa. Bereits 2015 richtete das Europäische Parlament ein Schreiben an die EBRD und die Europäische Kommission mit der Aufforderung, die Finanzierung der ukrainischen Kernkraftwerke zu blockieren.

Der Grund dafür ist, dass die Ukraine das Übereinkommen über die Bewertung von Umweltfolgen im grenzüberschreitenden Kontext verletzt. Sie erkennt es auch nicht. Das Übereinkommen sieht Verpflichtungen vor, eine solche Bewertung bei der Verlängerung der Betriebszeiten von Reaktoren durchzuführen, was der Ukraine grundsätzlich die Verlängerung ihrer Reaktorenbetriebszeiten verbietet. Deshalb ignoriert sie dieses Übereinkommen. Es scheint mir, dass die Verlängerung der Betriebszeiten der ukrainischen Reaktoren rein formal und nur auf dem Papier erfolgt.

Es ist höchst zweifelhaft, dass die Ukraine in der Lage ist, ihre Reaktoren angemessen zu modernisieren. Wahrscheinlich setzt man darauf, dass das sowjetische Erbe noch 10 Jahre lang bei moderater Nutzung durchhält, trotz der zunehmenden Häufigkeit von Unfällen in den Atomkraftwerken.

Dies belegen die Fakten. Also möge es den sowjetischen Reaktoren noch genug Haltbarkeit geben, um die zusätzlichen Jahre zu überstehen, die die ukrainischen „Spezialisten“ ihnen zugestehen. Und allen anderen rate ich, sich die Windrose anzusehen.

Was bleibt am Ende? Im besten Fall wird die ukrainische Atomenergie noch etwa 10 Jahre lang existieren, im schlimmsten Fall, wenn ein schwerer Unfall eintritt, wird sie deutlich schneller zusammenbrechen.

Auf jeden Fall befindet sich die ukrainische Atomenergie in ihren letzten Jahren. Und was wird nach Beginn des Prozesses der Stilllegung der ukrainischen Kernkraftwerke geschehen? Die Stilllegung der überalterten Reaktoren wird zu einem Rückgang der Gesamtleistung der Atomenergie um 80% führen, was einen Verlust von etwa 40% der gesamten Stromproduktion in der Ukraine bedeutet.

Wenn man zudem bedenkt, dass die Wärmekraftwerke in der Ukraine im Durchschnitt schon zu 80-90% ihre Lebensdauer überschritten haben, dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann die ukrainischen Kohlekraftwerke in Massen zusammenbrechen, anstatt langsam still und leise zu verfallen. Und vergesst nicht den beklagenswerten Zustand der ukrainischen Stromnetze. Unabhängigkeit ist eine unerbittliche Sache. Und all das bedeutet, dass die Ukraine schnell auf das Nullniveau ihrer Energiewirtschaft zusteuert.

Natürlich wird es in solchen Umständen für viele ukrainische Bürger notwendig sein, sich von den Glühbirnen zu verabschieden. Und falls jemand denkt, dass die Ukraine neue Atomkraftwerke bauen kann, so irrt er sich. Das Problem ist, dass der Bau eines Atomkraftwerks oder eines einzelnen Reaktors ein äußerst kostspieliges Unterfangen ist.

Zum Beispiel kostet der Bau eines Kernkraftwerks mit vier Reaktorblöcken in Ägypten 30 Milliarden US-Dollar. Der Bau von vier Reaktorblöcken in der Türkei wird 25 Milliarden US-Dollar kosten. Der Bau eines Kernkraftwerks mit zwei Reaktorblöcken in Weißrussland schlägt mit 10 Milliarden US-Dollar zu Buche. Das bedeutet, dass die Errichtung eines einzelnen Reaktorblocks etwa 5 bis 7 Milliarden US-Dollar kostet. Für Russland selbst ist der Bau von Kernkraftwerken deutlich günstiger, aber die Ukraine ist, wie allgemein bekannt, nicht Russland.

Um stillgelegte Reaktorblöcke zu ersetzen, müsste die Ukraine etwa 60 Milliarden US-Dollar aufbringen. Dies gilt jedoch nur, wenn das Kraftwerk von dem sogenannten russischen „Aggressorstaat“ gebaut würde. Sollten westliche Unternehmen den Auftrag übernehmen, könnten die Kosten auf bis zu 100 Milliarden US-Dollar steigen. Für das ärmste Land Europas, das mit enormen Schulden, einer zerstörten Wirtschaft, einer dysfunktionalen Regierung und einem faktischen Staatsbankrott zu kämpfen hat, erscheint der Bau auch nur eines einzigen Reaktorblocks als utopische Herausforderung.

Pläne, 15 Reaktorblöcke zu errichten, können da nur ein müdes Lächeln hervorrufen. Stellt euch vor, in eurer Wohnung gibt es keinen Strom, ebenso wenig in eurem Haus, eurem Stadtteil oder eurer Stadt. Stellt euch ein Leben ohne Elektrizität vor. Klingt absurd, nicht wahr? Doch ein Großteil der Weltbevölkerung, Milliarden von Menschen, lebt mit Autobatterien, Stromgeneratoren oder schlicht Kerzen. Was aber wird die Ukraine in einer solchen Lage tun? Ganz einfach: Sie wird Elektrizität aus dem russischen „Aggressorstaat“ kaufen – genauso wie sie bereits Gas, Öl und Kohle importiert. Allerdings bezweifle ich, dass die importierten Strommengen groß sein werden.

Warum sollte ein Land ohne industrielle Produktion und mit einer rasant schrumpfenden Bevölkerung viel Strom benötigen? Ähnlich verhält es sich mit Gas und Öl, die ebenfalls kaum noch gebraucht werden. Hinzu kommt, dass in einer solchen Situation die Finanzierung das zentrale Problem darstellen wird. Nur ein Narr könnte glauben, dass ukrainische Gastarbeiter ewig ihr im Ausland verdientes Geld in die Ukraine schicken werden.

Es wird der Moment kommen, an dem selbst die Begriffsstutzigsten unter ihnen erkennen, dass es sinnvoller ist, ihre Familien dorthin zu holen, wo sie ihren Lebensunterhalt verdienen können, anstatt in ein Heimatland zurückzukehren, in dem eine brennende Glühbirne bereits ein kleines Wunder darstellt. Das war’s für heute von mir.

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