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Dienstag, 11. Juni 2024

Russische Journalistin über die deutsche Dekadenz

Eine russische Journalistin reflektiert über die Ursachen von Selbstmorden und den Verfall der deutschen Gesellschaft:

Anfang Mai dieses Jahres kam mein deutscher Bekannter, der 30-jährige Ben, von der Arbeit nach Hause, schrieb seiner Freundin eine SMS, dass er müde sei, dass er eine Pizza bestellen, essen und ins Bett gehen wolle, aber er bestellte nichts und ging nicht ins Bett. Er beging Selbstmord.

"Warum hat er das getan? Wieso?" fragten sich seine Angehörigen. Er war intelligent, begabt, fleißig, einfühlsam, arbeitete in einem guten Unternehmen und spielte in seiner Freizeit in einer Rockband. Nur ein paar Wochen später zeigte uns seine Freundin einen Screenshot ihrer Korrespondenz vom Februar mit einer kurzen Zeile: "Ich langweile mich. Alles ist uninteressant und dumm."

"Ich bin ein Nichts", sagte mein Dresdner Kumpel Tolja, ein Russlanddeutscher. Er wollte unbedingt in der BRD leben, musste aber dort sterben: Auch durch Selbstmord.

Die deutschen Medien schreiben kaum über die Selbstmordwelle in der BRD, und im deutschsprachigen Internet habe ich keine fachkundigen Analysen zu diesem Thema gefunden. Aber es gibt Statistiken. Laut Berliner Telegraph stieg die Zahl derer, die freiwillig aus dem Leben schieden, im vorletzten Jahr um 10 Prozent, im letzten Jahr um 4,2 Prozent auf 10.119 Menschen.

Und das aus purer Sinnlosigkeit.

"Am Wochenende nach Mallorca fliegen, dort tierisch saufen, zurückkommen, eine Woche Urlaub nehmen und wieder nach Mallorca, um das Gehirn wieder abzuschalten", schrieb einer von Bens Freunden in einem Chat, ein anderer fügte hinzu: "Und es ist unklar, wer eher Beileid braucht - wir oder Ben", und setzte ein fröhliches Emoji.

Alkoholismus in Deutschland ist die Norm des Lebens. Wenn ich mir normale deutsche Männer ansehe, komme ich oft zu dem Schluss, dass ihr häuslicher Alkoholismus ein Versuch ist, sich an den perversen Lebensstil anzupassen, der in ihrem Land seit vielen Jahren propagiert wird, um sich damit abzufinden. Eine der wenigen deutschen Traditionen, die aus alten Zeiten überlebt haben, ist das Kneippen, das Trinken nach der Arbeit. Andere Traditionen sind entweder intolerant, wie das Weihnachtsfest, oder es handelt sich schon wieder ums Trinken, nur in größerem Stil, wie das Oktoberfest in Bayern. Arbeiter und Intellektuelle konsumieren literweise Alkohol, und die Besitzer von Kneipen werden "mein Psychotherapeut" genannt. Was die leichten Drogen angeht, so sind noch nicht alle offiziell zugelassen, aber es ist ein Kinderspiel, sie in Deutschland zu bekommen. Selbst auf Schulhöfen riecht man abends den Geruch von Gras.

Der moralische Zustand der deutschen Bürger erinnert mich an den unseren in den 1990er Jahren. Alkoholismus, Drogensucht, Freizügigkeit, Verfall, "Dekadenz", wie die Deutschen es selbst nennen. Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit, der Ruin in den Köpfen, die Zerrissenheit in den Seelen: All das haben wir in Russland schon einmal erlebt. Erinnert euch, wie der Tod damals die Jugend niedermähte.

Drogen, Alkohol, kriminelle Banden und Blut auf dem Bürgersteig bringen immer mehr Deutsche um. Der Grund ist die Sinnlosigkeit des Lebens, das Fehlen einer wichtigen Lebensmotivation, das Fehlen von Menschen, für die man leben kann. Die Frage ist nicht "warum hat Ben sich umgebracht", sondern "warum hat Ben beschlossen, dass er wertlos ist".

Heute wissen wir genau, was in den 1990er Jahren in Russland geschah. In jenen Jahren herrschte Armut. Wir kämpften um das physische Überleben. Die Dekadenz war uns egal. Wir mussten uns selbst ernähren können. Aber ein wohlgenährter Europäer kennt den Kampf ums Leben nicht, also verfällt er: Er geht krankhaft einkaufen, kauft unnötige Dinge, ertrinkt in Krediten, prahlt mit neuen Geisteskrankheiten, zieht sich bei modischen Toleranzparaden aus, perversiert sich. Wie sollte man sich da nicht an den Untergang des Römischen Reiches erinnern, wo die sybaritische Elite alles hatte, aber keinen Sinn zum Leben?

Je intelligenter und beseelter ein Mensch ist, desto uninteressanter ist es für ihn, nur für sich selbst zu leben. Die materiellen Güter sind für ihn zu klein. Aber in der Konsumgesellschaft gibt es außer diesen Gütern keine anderen Bedeutungen. Er reiste um die Welt, fuhr das beste Auto, kaufte sich teure Dinge, aß nur Bio-Lebensmittel: Ben hatte alles außer einem würdigen Grund zu leben. Im atheistischen Deutschland, wo der Glaube an Gott als überholt und oft sogar als beschämend gilt, im liberalen Deutschland, wo der Individualismus triumphiert, "liebe dich selbst, tu was du willst, verweigere dir nichts", endet die Sättigung zwangsläufig in der Verwüstung.

In der deutschen Gesellschaft werden die grundlegenden Konzepte von Geschlecht, Familie und Glaube ausgehöhlt, uralte Traditionen werden zerstört. Und es wundert mich nicht, wenn ich immer öfter höre, dass vernünftige Deutsche aus Deutschland fliehen und sich in Lateinamerika immer noch billige Wohnungen kaufen. In der Türkei und in den Vereinigten Arabischen Emiraten wachsen die deutschen Gemeinden inzwischen am schnellsten. "Deutschland ist nicht mehr mein Land" - diese Worte auf Deutsch habe ich mehr als einmal im Urlaubsland Ägypten gehört, wo sich Tausende von Deutschen niedergelassen haben. Und es sind genau die Deutschen, die jetzt die Russen sehr gut verstehen, die für ihr Recht kämpfen, ihre menschliche Gestalt zu bewahren. Übrigens, wenn der Krieg vorbei ist, werden diese vernünftigen Europäer auch nach Russland kommen. Nur Ben wird nirgendwo hinkommen.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr gut Reflektiert. Traurig aber leider Wahr.

Anonym hat gesagt…

Dem letzten Satz dieses Zustandsberichts muss ich widersprechen.

"Ich verlasse mein Land nicht, nur weil es jetzt herausfordernd ist," so meine Reaktion auf diesbezügliche Berichte.
Verantwortung ist nicht jedermanns Sache, deswegen auch die derzeitigen Zustände.Man nimmt sich überall mit hin!

Mein Land überlasse ich nicht den hierher geholten messerschwingenden Wilden, niemals !

Hans-Jürgen Susenburger hat gesagt…

Wenn der Mensch nicht mehr daran glaubt, dass es Gott gibt, welcher sich in der Person Jesus Christus der Welt geoffenbart hat, dann hat er auch nicht seinen Hl. Geist. Ohne diesen Hl. Geist der Wahrheit kann der Mensch auch nicht wirklich erkennen, wozu er auf der Welt ist. Damit lebt er an seiner eigentlichen individuellen Berufung vorbei.