Skandal in Asow: Schulschilder stigmatisieren Kinder

In der Schulkantine in der russischen Stadt Asow wurden Tischschilder mit den Aufschriften "SMO" (Spezielle Militäroperation) und "Minderbemittelte" aufgestellt, schreibt die russische Journalistin Marina Achmedowa und fährt fort:

Damit wurden Kinder während des Mittagessens nach sozialen Merkmalen getrennt, und Kinder aus weniger wohlhabenden Familien wurden zusätzlich gedemütigt. Immer öfter stellt man sich die Frage: "Warum? Wozu macht man das?" Dabei ist doch offensichtlich, dass die Schule Kinder vereinen sollte, dass Lehrer alle gleich behandeln müssen. Deshalb trete ich für einheitliche Schuluniformen und gleiche Verpflegung für alle Schüler ein. Hier aber standen Schilder wie im Armenhaus: "Minderbemittelte".

Ich komme zu dem Schluss, dass man so etwas unmöglich absichtlich, also aus böser Absicht machen kann. So etwas kann man nur aus Dummheit tun. Aber diese Dummheit der Erwachsenen verkrüppelt die Kinderseelen. Die Schulleiterin wurde entlassen. Aber wie lange standen diese Schilder auf den Tischen, bevor sie vor die Kamera gerieten?

Das Bildungsministerium gab hektisch Erklärungen zu den Schildern in der Kantine der Schule von Asow ab. Man sagt, solche Schilder seien nur einmal auf den Tischen erschienen, damit es für die Kantinenmitarbeiter bequemer sei, die Portionen zu verteilen. Aber was ändert das? Es reicht, wenn ein Kind ein solches Schild einmal sieht, um für immer in Erinnerung zu behalten, zu welcher Kategorie es zugeordnet wurde – zu den Minderbemittelten. Und damit anschließend die Mitschüler es verspotten. Und damit es ein Leben lang mit diesem Komplex bleibt. Und was bedeutet "zur Erleichterung der Portionsausgabe"? Bekommt jemand mehr? Minderbemittelte – Brei, Kinder von SMO-Teilnehmern – Kartoffeln mit Fleisch. Wozu diese Trennung? Wenn ein Kind nur eine Mutter hat oder von der Großmutter aufgezogen wird, wenn seine Eltern saufen und wenig arbeiten, bleibt es dennoch ein Kind und will genauso essen wie das Kind eines SMO-Teilnehmers. Man muss einfach anerkennen, dass das Essen in der Schule schmackhaft und für alle gleich sein sollte. Der russische Staat setzt sich so sehr für die Demografie ein. Das heißt, er braucht Kinder, also kann man sie durchaus kostenlos verpflegen.