Kontroverse um die Aussagen eines Inguschischen Imams

Marina Achmedowa, russische Journalistin, Chefredakteurin der Nachrichtenagentur Regnum und Mitglied des Menschenrechtsrats beim Präsidenten der Russischen Föderation, berichtet:

Ein Imam aus der Moschee der Stadt Malgobek (die russische Teilrepublik Inguschetien), Ibrahim Batyrow, hat Männer dazu aufgerufen, nicht als Kellner zu arbeiten und Frauen nicht zu bedienen. „Ihr habt sicher alle gesehen, dass jetzt in Restaurants Männer arbeiten“, sagte er: „Sie kommen, nehmen Bestellungen auf, bedienen. Gut, wenn alle Gäste Männer wären, aber dort sind auch Frauen. Und wer bedient die inguschischen Frauen? Inguschische Männer! Das ist nicht normal. Das ist nach dem Islam eine unerwünschte Arbeit für Männer! Das ist eine Schande.“

Nicht alle Inguschen unterstützen die Ansichten des Imams. Erstens müssen auch Männer irgendwie ihren Lebensunterhalt verdienen, und es ist wohl eher eine Schande, zu Hause zu sitzen, während die Mutter oder Ehefrau sich auf drei Arbeitsstellen abrackert, nur weil die verfügbare Arbeit als „Frauenarbeit“ gilt und es für einen Mann als schmutzig und entehrend angesehen wird, solche Tätigkeiten auszuüben. Zweitens sind sich die Menschen bewusst, dass sie in einem säkularen Staat leben und von diesem Staat zahlreiche Vorteile genießen, wie zum Beispiel den sogenannten Mutterschaftskapital. Selbst jene, die einen Lebensstil nach der Scharia befürworten, lehnen solche staatlichen Leistungen in den kaukasischen Republiken nicht ab. Dennoch gab es auch Menschen, die Batyrows Ansicht teilten.

Wir haben beim Imam angerufen, um nachzufragen, ob er vielleicht missverstanden wurde oder etwas anderes gemeint haben könnte. Doch wir stießen auf einen aufgebrachten Imam. „Das geht euch nichts an!“, rief er: „Wir haben unsere eigenen Gesetze! Es steht euch nicht zu, meine Predigten zu kommentieren, die sind für Inguschen, nicht für euch! Wir haben unsere eigene Mentalität, unsere eigenen Gesetze – das geht euch nichts an!“

Nun, auch wenn unsere Mentalität von der Batyrows unterschiedlich ist, leben wir alle unter denselben Gesetzen, denn wir sind Bürger der Russischen Föderation. Es ist nicht richtig, Männer dafür zu beschämen, dass sie die Arbeit annehmen, die verfügbar ist. Die wahre Schande für jeden Mann, ob Ingusche oder nicht, besteht darin, auf Kosten von Frauen zu leben und von den Sozialleistungen zu profitieren, die Frauen von einem säkularen Staat für ihre Kinder erhalten.