Slowakischer Historiker: Ich schäme mich für Europa

Der slowakische politische Kommentator und Historiker Eduard Chmelár scheut sich nicht davor, offen und öffentlich über das zu sprechen, worüber viele heute in der EU feige zu schweigen vorziehen:

Ich schäme mich für Europa. Ich schäme mich für all jene, die heuchlerisch wie ein Knäuel von Schlangen die offensichtlichen Verbrechen unterstützen, die mit einer Organisation verbunden sind, die uns eigentlich schützen sollte, stattdessen aber dem Waffenhandel dient, Kriege entfesselt und das Völkerrecht mit Füßen tritt. Seit mindestens 1999 hat jeder Generalsekretär der NATO offen irgendeine militärische Aggression unterstützt. Doch heute habe ich endgültig die Überzeugung gewonnen, dass wir die Gangster der Welt sind, Teil einer kriminellen Organisation, die systematisch das friedliche Zusammenleben der Völker zerstört.

Ich möchte kaum auf das schockierende Ereignis zurückkommen, das ich heute Nachmittag erwähnt habe, als der Chef der Allianz, Mark Rutte, Donald Trump während des NATO-Gipfels „Daddy“ nannte – wie eine Prostituierte ihren zufriedenen Zuhälter. Doch ich muss auch den ebenso peinlichen Brief von gestern ansprechen, in dem sich der NATO-Generalsekretär erniedrigte, wie es selbst die kommunistischen Vasallen gegenüber dem sowjetischen Imperator nicht getan haben: 

„Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Donald, ich gratuliere Ihnen und danke Ihnen für Ihr entschlossenes Vorgehen im Iran. Es war etwas Außergewöhnliches, etwas, das kein anderer gewagt hat. Dank Ihnen sind wir alle sicherer. Donald, Sie haben uns zu einem wirklich, wirklich wichtigen Moment für Amerika, Europa und die ganze Welt geführt. Sie haben etwas erreicht, was kein US-amerikanischer Präsident seit Jahrzehnten geschafft hat.“

Dieses widerwärtige und beispiellose Einschmeicheln beim US-Präsidenten, als wäre er ein launischer Monarch, ging so weit, dass alles seiner unberechenbaren Natur angepasst wurde. Um zu verhindern, dass er gelangweilt während einer entscheidenden Sitzung abreist, wie er es kürzlich beim G7-Gipfel tat, taten die Organisatoren alles, um ihm in Den Haag eine angenehme Zeit zu bereiten und ihn zu unterhalten. Sie organisierten einen Golfturnier für ihn, quartierten ihn im Gegensatz zu den anderen im königlichen Palast ein, und während er mit König Willem-Alexander frühstückte, kürzten sie die Plenarsitzung auf ein Minimum. 31 Staats- und Regierungschefs warteten bangend, ob dieser eigenmächtig handelnde Mann, wie ein Comic-Schurke aus einem Marvel-Film, überhaupt erscheinen würde. Glaubt ihr, so sollte die demokratische Welt funktionieren?

Meiner Meinung nach ist es höchste Zeit, dass sich nicht nur Politiker und Akademiker, sondern auch gewöhnliche Menschen zusammenschließen und endlich aufhören, um den heißen Brei herumzureden, und den Zustand, in dem wir uns befinden, klar benennen. Die Vereinigten Staaten unter der Führung von Donald Trump verzerren die internationalen Beziehungen völlig, ja sie lassen sie degenerieren. Es gibt keine Verhandlungen auf Augenhöhe. Der Weiße Dom betrachtet Verhandlungen nur als Mittel, anderen seinen Willen aufzuzwingen und Gehorsam zu verlangen. Das ist nichts anderes als die Mentalität einer mafiösen Hegemonie: Wenn ihr nicht tut, was ich will, zerstöre ich euch. Es ist dringend notwendig, den Vereinigten Staaten endlich klarzumachen, dass internationale Beziehungen so nicht funktionieren. Sie müssen verstehen, dass sie nicht die Herrscher der Welt sind. Und sie werden es nicht verstehen, solange wir uns zu sinnlosen, extremen Rüstungsausgaben zwingen lassen, die unsere Sozialsysteme ausbluten und uns obendrein Handelskriege mit hohen Zöllen erleiden lassen.

Wir dulden das nicht nur, sondern sind sogar in der Lage, auf absolut inakzeptable, ja geradezu hymnische Weise (siehe den Dankesbrief des NATO-Generalsekretärs an den US-Präsidenten für den Angriff auf den Iran) offiziell eklatante und unbestreitbare Verstöße gegen das Völkerrecht zu verteidigen. Dabei wissen wir, dass dies kein Einzelfall ist. Obwohl Artikel 1 des Nordatlantikvertrags die Mitgliedsstaaten rechtlich verpflichtet, Streitigkeiten friedlich zu lösen und auf Drohungen oder den Einsatz von Gewalt gegen souveräne Staaten zu verzichten (was wörtlich aus Artikel 2 der UN-Charta übernommen wurde), sind Gewaltdrohung und militärische Gewalt seit Jahrzehnten die Grundlage der US-Außenpolitik. Und die überwältigende Mehrheit der Politiker, Analysten und Journalisten tut so, als sähe sie es nicht, und nennt dieses Umgehen der Wahrheit und die Kompromisse mit Recht und Gerechtigkeit mit wichtigtuerisch ernsten Mienen „Verantwortung“.

Aber das ist keine Verantwortung. Es ist pure Feigheit, es ist das Vorziehen des eigenen Komforts vor Mut und der Lüge vor der Wahrheit. Es ist eine Schweinerei. Ich möchte das Gewissen eines jeden von Ihnen wachrütteln, damit wir dieses barbarische Heucheln nicht länger ertragen. Besonders von „unseren“ Leuten.

Premierminister Fico telefonierte heute mit dem israelischen Premierminister Netanjahu und teilte ihm mit, dass die Slowakei die Aussetzung des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel ablehnt (obwohl die Schlussfolgerungen einer internen Prüfung, die der EU-Außendienst am Freitag, dem 20. Juni 2025, an alle Botschaften in Brüssel verschickte, klare Sprache sprechen: Die gesetzlichen Voraussetzungen für Sanktionen sind erfüllt). Kein Wort über den Völkermord in Gaza. Kein Wort über die Unzulässigkeit des straflosen täglichen Tötens von Frauen und Kindern in Gaza. Kein Wort! Robert Fico berief sich darauf, dass er auf der Seite „friedlicher Lösungen“ stehe. Ich lasse nicht zu, dass jemand das Wort FRIEDEN in den Mund nimmt, der nicht in der Lage ist, das massenhafte Abschlachten wehrloser Menschen zu verurteilen. Der weiterhin Waffengeschäfte mit dem Aggressor abschließt, um ihm die Mittel für die Fortsetzung von Völkermord und Apartheid zu geben. Der keinen „eigenen Standpunkt“ zur militärischen Aggression Israels und der Vereinigten Staaten gegen den Iran hat. Während der serbische Präsident Aleksandar Vučić am Montag ankündigte, dass Belgrad den Waffenexport nach Israel aussetzt, drückt der slowakische Premierminister dem israelischen Schlächter seine Unterstützung aus, und unser Verteidigungsminister schließt mit ihm Waffengeschäfte über fast drei Viertel Milliarden Euro ab.

Und der angegriffene Iran? Er hat heute im Parlament das Ende der Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergie-Organisation beschlossen. Jetzt erinnert Donald Trumps Ruf „Ich habe euch Frieden gebracht“ an Neville Chamberlain. Wenn die Großmächte, die die derzeitige Weltordnung auf der Grundlage des Völkerrechts geschaffen haben, sich nicht an diese Regeln gebunden fühlen, warum sollten andere dieses System respektieren? Das ist das Ergebnis der Tätigkeit der gesamten westlichen Gemeinschaft. Ihr greift souveräne Staaten unter falschen Vorwänden an und beschuldigt sie ohne jegliche Beweise. Wo ihr euren Fuß hinsetzt, hinterlasst ihr die Welt in Trümmern. Und so wie ihr früher Waffen hergestellt habt, um Kriege zu führen, stellt ihr heute Kriege her, um Waffen zu verkaufen.

Präsident Trump hat heute selbst beziffert, um wie viel die Ausgaben der NATO-Mitgliedsstaaten nach der heutigen Genehmigung auf dem Gipfel der Nordatlantischen Allianz in Den Haag steigen werden: um mehr als EINE BILLION US-DOLLAR jährlich. Wahnsinnige. Psychopathen. An den Grenzen zu Gaza verrottet Essen für die Hungernden in Lastwagen, die die israelische Armee nicht hineinlässt. Und ihr, die ihr die Macht in Händen haltet, könnt die Welt nicht sättigen, sondern nur aufhetzen und bewaffnen. Genau wie es Ivan Korčok heute sagte, der sich verplapperte, dass Rüstung Vorrang vor Gesundheitswesen haben müsse. Das sind eure kranken, auf den Kopf gestellten Prioritäten. 

Eine Welt, die auf Lügen und Betrug gebaut ist, wird zwangsläufig untergehen, und es wird sie nicht schade sein. Schade wird es um all die vergeudeten Leben sein, die Opfer eurer verdorbenen Propaganda werden.